Das Wildbienenjahr

Die meisten Wildbienen leben solitär und durchleben einen Ein-Jahres-Entwicklungszyklus. Dieser beginnt je nach Art zu einer anderen Jahreszeit und korreliert mit den für die lebenswichtigen Blühpflanzen. Viele Wildbienen sind auf eine oder einige wenige Pflanzenarten (genauer: deren Pollen) spezialisiert.
So ergibt es sich, dass wir zu jeder Jahreszeit andere Wildbienen beobachten können:


Februar:

Blauschwarze Holzbiene

Xylocopa Violacea

An welcher Blüte: gerne an großblütigen Lippen- und Schmetterlingsblütlern (Lamiaceae und Fabaceae)

Flugzeit: Januar bis Oktober

Aussehen: mit 20 bis 25 mm größte einheimische Wildbiene, blau-schwarz metallisch glänzend, hummelartig

Lebensraum: im Siedlungsbereich, in Gärten, Parks, Streuobstwiesen

Nistweise: in leicht verwittertem Totholz

Besonderheiten: beißt kleine Blüten gerne an der Basis auf, um an den Nektar zu gelangen


März:

Große Weiden-Sandbiene

Andrena vaga

An welcher Blüte: an Weide (Salix spec.)

Flugzeit: Februar bis Juni

Aussehen: 13 - 15 mm, schwarz mit weißer bis grauer Behaarung an Rücken und Kopf

Lebensraum: Flussauen, Dämme, Sand-, Kies- und Lehmgruben, Böschungen

Nistweise: Erdnester, oft in großen Ansammlungen

Achtung: ähnlich ist die Grauschwarze Sandbiene (A. cineraria), die aber nicht auf Weide spezialisiert ist: ♀ mit deutlicher schwarzer Rückenbinde; die ♂ beider Arten sind im Feld kaum zu unterscheiden.

Bilder: Josef Aschenbrenner

Frühlings-Pelzbiene

Anthophora plumipes

An welcher Blüte: Polylektisch.

Flugzeit: März bis Juni

Aussehen: 14 - 15 mm, Weibchen mit charakteristisch düster grau- bis schwarzbrauner Behaarung, rostroter Beinbürste und schwach angedeuteten hellen Hinterleibsbinden. Männchen durch die sehr langen schwarzen Haarfransen auf den ersten vier Tarsengliedern der Mittelbeine unverwechselbar

Lebensraum: Flussufer mit Steilwänden, Sand-, Kies- und Lehmgruben, Weinberge mit Trockenmauern oder Lösswänden

Nistweise: vorwiegend Steilwände, Abbruchkanten und lehmverfugte Gemäuer; kolonieweise.

Bilder: Josef Aschenbrenner, Felix Fornoff



April:

Rotfransige Sandbiene

Andrena haemorrhoa

An welcher Blüte: Polylektisch

Flugzeit: April bis Juni

Aussehen: 8 - 12 mm, Weibchen dank leuchtend orangebraun behaarter Brustoberseite und (wichtig!) orange gefärbter Endfranse und glänzend schwarzen Tergiten sehr gut zu erkennen und unverwechselbar. Schienenbürste zweifarbig gelb und weiß. Männchen ohne auffällige Merkmale.

Lebensraum: Unterschiedlichste Lebensräume wie Rasen und Wiesen, Hochwasserdämme, Feldraine, Böschungen, Streuobstwiesen, Waldränder und Ruderalflächen

Nistweise: Erdnester in sandigen oder lehmigen Böden, auch in kleinen Kolonien

Bilder: Felix Fornoff und Romie Rupp

Fuchsrote Sandbiene

Andrena fulva

An welcher Blüte: Polylektisch, besonders häufig an Stachel- oder Johannesbeeren

Flugzeit: April und Mai

Aussehen: 9 - 14 mm, Weibchen im frischen Zustand auf der Oberseite mit leuchtend rostroter Behaarung, Kopf und Unterseite schwarze Behaarung; Männchen im Feld nicht von ähnlichen Andrena-Arten zu unterscheiden

Lebensraum: Lichte Wälder, Waldränder, Hochwasserdämme, Weinberge, Siedlungsschwerpunkte aber in Dörfern und Städten

Nistweise: selbstgegrabene Hohlräume in der Erde, auch in größeren Kolonien

Bilder: Josef Bülles und Felix Fornoff



Mai:

Frühe Doldensandbiene

Andrena proxima

An welcher Blüte: an Doldenblütlern

Flugzeit: Mai bis Juli

Aussehen: 9 - 11 mm, Brustschild schütter behaart, schwarzer Hinterleib mit nur seitlichen weißen Haarstreifen

Lebensraum: Rasen und Wiesen, Hochwasserdämme, Feldraine, Böschungen und Ruderalflächen

Nistweise: Erdnester in sandigen oder lehmigen Böden

Achtung: von anderen ähnlichen Arten durch die frühe Haupt-Flugzeit zu unterscheiden

Bilder: Josef Aschenbrenner

Goldene Schneckenhausmauerbiene

Osmia aurulenta

An welcher Blüte: polylektisch, besonders an Schmetterlingsblütlern und Lippenblütlern

Flugzeit: April bis Juli

Aussehen: 8 - 10 mm, Männchen im Feld nicht von ähnlichen Osmia-Arten zu unterscheiden. Weibchen im frischen Zustand durch leuchtend braunrote Behaarung von Kopf, Brust und Tergit 1, der ebenso gefärbten schmalen Tergitbinden sowie der orangeroten Bauchbürste zu erkennen.

Lebensraum: verbreitet, vorwiegend in Kalkgebieten bis 2000m Höhe

Nistweise: in leeren Schneckengehäusen

Achtung Verwechslung:  Osmia rufohirta oder abgeflogene Weibchen ähnlich Osmia tridentata

Bild: Josef Bülles


Mai-Langhornbiene

Eucera nigrescens

An welcher Blüte: Zu finden ist die Mai-Langhornbiene an Schmetterlingsblütlern (Fabaceae) besonders Zaunwicke (Vicia sepium).

Flugzeit: Sie fliegt von April bis Juli, insbesondere im Mai.

Aussehen: Sie ist 13 bis 16mm groß, Brustschild oberseits gelb-braun behaart, Hinterleib schwarz mit hellen Binden, das Männchen hat extrem lange Fühler, siehe Bilder.

Lebensraum: Zu finden ist sie auf Streuobstwiesen, Dämmen, Böschungen, überall da, wo die Zaunwicke blüht.

Nistweise: Sie baut Erdnester in sandigen und lehmigen Böden.

Mögliche Verwechslung: Sie ist ähnlich der Eucera longicornis, deren Hauptflugzeit ist im Juni. Beide Arten können im Feld nicht unterschieden werden.


Juni:

Garten-Wollbiene

Anthidium manicatum

An welcher Blüte: nicht spezialisiert, aber Vorliebe für Lippenblütler

Flugzeit: Mai bis September

Aussehen: 10 - 13 mm, ♂ deutlich größer; auffällige schwarz-gelbe, am Rücken unterbrochene Streifen

Lebensraum: Gärten, Parks, Trockenhänge

Nistweise: vorgefundene Erdlöcher, Lehm- und Mauerspalten, Lehmwände, Holzlöcher

Besonderheiten: kleidet Niströhren mit feinen Pflanzenhaaren aus; ♂ verteidigt mittels scharfer Dornen am Hinterleib „seine“ Blüten aggressiv gegen andere Bestäuber (Revierverhalten) und sichert so für das ♀ ein deutlich besseres Sammelergebnis.

Bilder: Josef Aschenbrenner und Beate Seelmann-Eggebert

Blauschillernde Sandbiene

Andrena agilissima

An welcher Blüte: an Kreuzblütlern (Brassicaceae), z.B. Senf und Rettich

Flugzeit: Juni (April bis Juli)

Aussehen: 13 - 15 mm, große, blauschwarz glänzende Biene mit dunklen Flügeln

Lebensraum: in Sand-, Kies-, Lehmgruben, Weinbergen, an Flußufern und Ackerrandstreifen

Nistweise: Erdnester an Steilwänden oder Böschungen, mehrere ♀ können dasselbe Einflugloch nutzen

Besonderheit: leicht an ihren auffallend schwarzen Flügeln und dem namensgebenden sehr hektischen Flugverhalten zu erkennen

Bilder: Josef Aschenbrenner


Juni:

Knautien-Sandbiene

Andrena hattorfiana

An welcher Blüte: an Acker-Witwenblume (Knautia arvensis) und anderen Kardengewächsen (Dipsacoideae)

Flugzeit: Mai bis August

Aussehen: große, auffällige Biene, ca. 15mm, der vordere Teil des Hinterleibs meist rötlich gefärbt, schmale weiße Streifen

Lebensraum: auf trockenen Wiesen, Magerrasen, Dämmen etc.; noch verbreitet, Bestände stark abnehmend

Nistweise: Erdnester an vegetationsarmen, waagerechten oder leicht schrägen Stellen

Besonderheiten: durch die rosa gefärbten Knautien-Pollen ist das pollenbeladene Weibchen eine unserer auffallendsten Wildbienen

Bilder: Josef Aschenbrenner


Juli:

Platterbsen-Mörtelbiene

Megachile ericetorum

An welcher Blüte: an Schmetterlingsblütlern (Fabaceae) und Lippenblütlern (Lamiaceae)

Flugzeit: Mai bis August

Aussehen: 12 - 15 mm, ähnelt entfernt der Honigbiene, hellbraune Behaarung, hellbraune kontrastierende Binden am Hinterleib, helle Bauchbürste

Lebensraum: Magerrasen, Sand- und Lehmgruben, Brachen, Böschungen, Siedlungsbereich

Nistweise: Hohlräume in Steilwänden, Abbrüchen, Mörtelfugen, Ziegeln, Felsen, Totholz und Trockenmauern

Bilder: Josef Aschenbrenner

Zaunrüben-Sandbiene

Andrena florea

An welcher Blüte: an Zaunrübe (Bryonia dioica)

Flugzeit: Mai bis August

Aussehen: 9-13mm, schmal, 1-2 Hinterleibssegmente rötlich; ähnelt sehr entfernt der Honigbiene, ist aber deutlich kleiner

Lebensraum: Waldränder, Hecken, Gärten

Nistweise: Erdnester in sandigem oder lockerem Boden

Bilder: Josef Aschenbrenner


Auen-Schenkelbiene

Macropis europaea

An welcher Blüte: an Gilbweiderich (Lysimachia spec.; auch an Gartenformen)

Flugzeit: Mai bis September

Aussehen: 8 - 9 mm, Brustschild schwarz, schütter behaart, Hinterleib mit schmalen weißen Streifen; Unterschenkel schneeweiß behaart, nächstes Segment schwarz behaart; trägt oft dicke abstehende, ölverklebte gelbliche Pollenpakete

Lebensraum: Wald und Gewässerränder, Hochwasserdämme überall im Umfeld von Gilbweiderich-Beständen

Nistweise: Erdnester, oft in Uferböschungen

Besonderheiten: sammelt an Lysimachia Pollen und Blütenöl, bei der Nektarversorgung nicht spezialisiert

Achtung: Verwechslung nur mit der Schwesternart Wald-Schenkelbiene Macropis fulvipes möglich. Bei dieser ist der Unterschenkel braunweiß, nächstes Segment ist rotbraun behaart. Leider sind die Farben nicht mehr gut zu erkennen und zu unterscheiden, wenn die Biene Pollenpakete an den Unterschenkeln hat.

Bilder: Josef Aschenbrenner und Felix Fornoff


August:

Blutweiderich-Sägehornbiene

Melitta nigricans

An welcher Blüte: streng oligolektisch, auf Blutweiderich spezialisiert (siehe

Pflanze August 2020)

Flugzeit: Juli bis Ende August

Aussehen: 10 - 12 mm, beide Geschlechter mit schmalen weißen Hinterleibsbinden.

Lebensraum: Entlang von Flüssen und Seen, auf Feuchtwiesen, da wo auch Blutweiderich wächst

Nistweise: Nester in Böschungen, z.B. von Hochwasserdämmen, insbesondere in sandigem Boden oder Löß

Bilder: Beate Seelmann-Eggebert

Blutweiderich-Langhornbiene

Eucera salicariae

An welcher Blüte: an Blutweiderich (Lythrum salicariae)

Flugzeit: Juli und August

Aussehen: 8 - 10 mm, Brustschild gelb-braun behaart, Hinterleib mit hellen Filzbinden, Männchen mit sehr langen Fühlern (siehe Bild)

Lebensraum: an Gräben, Fluss- und Bachauen mit Blutweiderich

Nistweise: Erdnester in Sand oder Lößlehm auf geneigter Fläche

Besonderheiten: die Männchen übernachten gerne in Gruppen an der Spitze der Blutweiderich-Blütenstengel

Bilder: Josef Aschenbrenner und Josef Bülles


Malven-Langhornbiene

Eucera macroglossa

An welcher Blüte: an Malvengewächsen (Malvaceae) hier: Rosenmalve (Malva alcea)

Flugzeit: Juni bis August

Aussehen: ca. 12 mm, typische "Zebrastreifung" am Hinterleib; Männchen mit langen Fühlern

Lebensraum: an Wegrändern, Böschungen und in Weinbergen; in Baden-Württemberg ausschließlich an Tuniberg und Kaiserstuhl; dort lokal häufig

Nistweise: Erdnester in Sand oder Lößlehm, insbesondere auch an senkrechten Lößwänden

Besonderheiten: die Männchen übernachten gerne in den nachts geschlossenen Blüten (siehe Bild)

Bilder: Josef Aschenbrenner


September:

Schwarzbeinige Filzbiene

Epeolus fallax

Kuckucksbiene - Brutparasit

 

An welcher Blüte: Kuckucksbiene, Nektaraufnahme bei Wiesen-Flockenblume, Kanadischer Goldrute, Doldiges Habichtskraut, Tauben-Skabiose, Dost u.a.

Flugzeit: Anfang September bis Mitte Oktober

Aussehen: 10 - 13 mm, beide Geschlechter ganz schwarz gefärbt und silberweiß behaart, auch das Gesicht. Die Beine sind schwarz mit grau behaarten Schienen.

Lebensraum: in Deutschland bisher nur am Tuniberg und am Kaiserstuhl nachgewiesen (Westrich & Bülles, 2016)

Nistweise: Brutparasit bei Colletes hederae (siehe Biene September 2019)

Bilder: Josef Aschenbrenner

Dunkelfransige Hosenbiene

Dasypoda hirtipes

An welcher Blüte: an Korbblütlern (Asteraceae)

Flugzeit: Juni bis September

Aussehen: 12 - 15 mm, auffällig lange Haarbürsten ("Hosen") an den Hinterbeinen bei dem Weibchen

Lebensraum: Sandgruben, Hochwasser- und Bahndämme, Böschungen mit lockerem Löss; zerstreut

Nistweise: Erdnester in sandigen bzw. lockeren Untergrund

Achtung: Männchen anders aussehend

Bilder: Josef Bülles und Felix Fornoff


Efeu-Seidenbiene

Colletes hederae

An welcher Blüte: an Efeu

Flugzeit: August bis Oktober

Aussehen: 8,5 - 14,5 mm, Brustschild dicht braun behaart, Hinterleib schwarz-gelb gebändert

Lebensraum: überall häufig an Efeubeständen

Nistweise: Erdnester in Sandflächen (auch Sandkästen) und an Lößwänden

Besonderheiten: die Art wurde unter anderem wegen der späten Flugzeit erst in den neunziger Jahren entdeckt

Achtung Verwechslung: ähnelt entfernt einer Honigbiene, diese fliegt ebenfalls häufig Efeu an


Oktober:

Zahntrost-Sägehornbiene

Melitta tricincta

An welcher Blüte: streng oligolektisch, auf Odontites spezialisiert. Hauptpollenquelle ist der Rote oder Späte Zahntrost (Odontites vulgaris)

Flugzeit: August bis Oktober

Aussehen: 10 - 12 mm, beide Geschlechter mit schmalen weißen Hinterleibsbinden. Weibchen mit schwarzer Endfranse

Lebensraum: nur dort, wo größere Bestände von Zahntrost gegeben sind, in Sand-, Kies- und Lehmgruben, auf Dämmen, Dünen, Brachen, Böschungen

Nistweise: Nester in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde

Bilder: Felix Fornoff

Ackerhummel

Bombus pascuorum

An welcher Blüte: nicht auf spezielle Futterquellen spezialisiert

Flugzeit: April bis Oktober

Aussehen: 9-18 mm; beide Geschlechter variabel gefärbt, braunrot behaarte Brust

Lebensraum: weit verbreitet, sehr häufig, auch Gärten und Parks

Nistweise: Erdnester, oft in Mauselöchern, oder in Hohlräumen überirdisch, 60-150 Individuen

Besonderheiten: im Frühjahr sieht man ausschließlich Jungköniginnen, da nur diese überwintern und ein neues Volk gründen

Achtung Verwechslung: Veränderliche Hummel (unterschiedliche Behaarung 2-4 Tergite)


Erdhummel

Bombus terrestris

An welcher Blüte: nicht auf spezielle Futterquellen spezialisiert

Flugzeit: März bis Oktober

Aussehen: ♀ 20-23 mm, ♂ 14-16 mm, Arbeiterin 11-17 mm; schwarz, je 1 schmale dunkelgelbe Querbinde auf Brustschild und dem vorderen Hinterleib, Hinterende weiß; kurzer Rüssel

Lebensraum: fast überall, auch Gärten und Parks

Nistweise: Erdnester, oft in Mauselöchern, 100-600 Tiere pro Nest

Besonderheiten: im zeitigen Frühjahr sieht man ausschließlich Jungköniginnen, da nur diese überwintern und ein neues Volk gründen

Achtung Verwechslung: die Gartenhummel (Bombus hortorum) hat eine dritte dunkelgelbe Querbinde am hinteren Brustschild, also optisch eine Doppelbinde in der Körpermitte


November bis Februar: Bienenwinter

Wo sind die Wildbienen von November bis Februar?

Gute Informationen zum Lebenszyklus der Bienen mit einem interessanten Foto von schlafenden Keulhornbienen im Brombeerstengel finden Sie auf der Internetseite von Paul Westrich hier

Eine kurze Zusammenfassung über die Bienen im Winter finden Sie auch hier beim NABU Baden-Württemberg.

Brutzellen der Blattschneiderbienen. Die Pigmentierung der Augen der Puppe zeigt das nahende Ende der Metamorphose an.
Brutzellen der Blattschneiderbienen. Die Pigmentierung der Augen der Puppe zeigt das nahende Ende der Metamorphose an.